Pflegekräfte aus Osteuropa. Die Alternative zum Pflegeheim?

Der „Pflegenotstand“ in Deutschland ist ausgerufen. Diese oder ähnliche Schlagzeilen sind immer öfter in den Medien zu lesen. Der Fachkräftemangel und der stetig zunehmende Pflegebedarf haben sich zu einem hartnäckigen Problem unseres Sozialsystems entwickelt.

Bis zum Jahr 2030 wird ein Anstieg des Pflegebedarfs um ca. 40% prognostiziert. Schon jetzt haben Pflegebedürftige Schwierigkeiten einen Platz im Pflegeheim zu bekommen und müssen damit rechnen, auf lange Wartelisten gesetzt zu werden.
Oftmals kommt die Situation in der ein Mensch auf fremde Hilfe oder Pflege angewiesen ist unerwartet und schnell. Eine Lungenentzündung oder eine Oberschenkelhalsbruch können von heute auf morgen eine Pflegebedürftigkeit hervorrufen. Die Betroffenen, Angehörigen und Lebensgefährten sind oft  maßlos überfordert. Innerhalb kürzester Zeit müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Pflegeheim? Ambulante Pflege? Pflege durch Angehörige?  ..etc.

Immer mehr hilfebedürftige Senioren nehmen neuerdings  eine häusliche Betreuung durch Pflegekräfte aus Osteuropa  in Anspruch. Jeder hat schon davon gehört und viele haben jemanden im Bekanntenkreis der bereits  Erfahrung damit gemacht hat, doch wie leitet man das in die Wege und wie legal ist das ganze ?

Die meist aus Polen stammenden Pflegehilfen sind für ihren liebevollen Umgang mit älteren Menschen bekannt und machen auch durch ihre geographische Nähe zu Deutschland den größten Prozentsatz der in Deutschland arbeitenden osteuropäischen Pflegehilfen aus. Medizinische Pflegeleistungen können sie jedoch auch bei entsprechender Qualifikation nicht erbringen. Die Ausbildung einer Pflegekraft aus Polen wird in Deutschland nicht anerkannt. Spritzen setzen, Verbandswechsel, Katheter Pflege oder ähnliches muss bei Bedarf durch einen ambulanten Pflegedienst übernommen werden. Hilfe bei der Grundpflege und bei hauswirtschaftlichen Arbeiten dürfen die Pflegehelfer jedoch leisten.
Der Pflegebedürftige hat auch bei der Betreuung durch eine polnische Pflegekraft weiterhin Anspruch auf Pflegegeld. Die Höhe des Pflegegeldes hängt von der jeweiligen Pflegestufe ab und beträgt zwischen 305€ und 700€ im Monat. Hinzu kommen steuerliche Vorteile von bis zu max.4000€ pro Jahr und der Anspruch auf Verhinderungspflege (max.1550€) pro Jahr.

Derzeit gibt es drei Möglichkeiten eine Pflegekraft aus Osteuropa zu beschäftigen. Nur zwei davon sind rechtlich unbedenklich.
Seit der am 01.05.2011 beschlossenen Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU, ist es EU Bürgern erlaubt Ihren Arbeitsplatz frei zu wählen. Es besteht also die Möglichkeit eine Pflegekraft selbst einzustellen. Hierbei wird der pflegebedürftige zum Arbeitgeber und muss sich an alle damit verbundenen Rechte und Pflichten halten. Der gängigste Weg ist hierbei  eine Vermittlung  über das Arbeitsamt. Bei dieser Variante werden arbeitsuchende Polen direkt zwischen dem polnischen Arbeitsamt und dem deutschen Arbeitsamt vermittelt. Der Vorteil ist, dass keine Vermittlungsgebühren anfallen. Der Nachteil, dass der Beauftragende wenig Einfluss auf die Auswahl der polnischen Hilfskraft hat. Der Pflegebedürftige beschäftigt einen Angestellten, und hat die  deutschen Arbeitgeber-Richtlinien zu beachten. Dazu gehören Urlaubsgewährung genauso wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Immer noch weit verbreitet ist das Beschäftigen einer selbständigen Pflegekraft. Bei dieser Variante bewegt sich der Pflegebedürftige rechtlich gesehen leider nicht immer im grünen Bereich. Zwar sind die Kosten meist geringer als bei anderen Varianten doch ist es der momentanen Rechtslage nach eine Grauzone. Rechtsgrundlage hierfür ist die Niederlassungsfreiheit für EU-Bürger. Diese erlaubt EU-Bürgern sich in einem anderen EU-Land selbständig zu machen. Voraussetzung jedoch ist, dass der Selbständige für mehrere Arbeitgeber tätig sein muss. Da die Pflegehilfen meist bei den Kunden im Haus wohnen, und nicht für mehrere Auftraggeber tätig sind, läuft dieses Arbeitsverhältnis oftmals auf eine Scheinselbständigkeit hinaus. Diese kann auch für den Auftraggeber mit empfindlichen Geldstrafen geahndet werden.
Die dritte und gängigste Möglichkeit ist die sogenannte Entsendung. Bei dieser Variante werden die bei einem polnischen Dienstleister angestellten Pflegehilfen für einen befristeten Zeitraum nach Deutschland entsendet. Meist bleiben die Pflegehilfen zwei bis drei Monate bei den Pflegebedürftigen und werden dann nahtlos von einer zweiten Kraft abgelöst. So entsteht in der Regel eine lückenlose Betreuung. Da die Pflegekräfte sozialversicherungspflichtig in Ihrem Heimatland angestellt sind, sind keine weiteren Anmeldungen und Behördengänge für den Pflegebedürftigen notwendig.

Abhängig von den Erfahrungen und Sprachkenntnissen die eine Pflegekraft aus Osteuropa mitbringt, variieren die Kosten stark. Je nach Rechtsgrundlage und Art der Beschäftigung liegen die monatlichen Kosten in der Regel zwischen 1500€ und 2500€.

Wer in Deutschland pflegebedürftig ist, bekommt Unterstützung. Wie, von wem und in welchem Umfang hängt von vielen Faktoren ab. Der Pflegesektor befindet sich im Umbruch und es muss etwas passieren. Derzeit befinden sich laut Schätzungen weit über 150.000 Pflegehilfen aus Osteuropa in Deutschland, Tendenz steigend.

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